Von der Zichorienwurzel zum neuen Stadtteil

Als die Osmanen den Kaffee im 17. Jahrhundert nach Europa brachten, konnten sich nicht alle Menschen das koffeinhaltige Heissgetränk leisten. Die Behörden verhängten zeitweise sogar ein Konsumverbot für die arme Bevölkerung, um eine Verschuldung zu verhindern. Aus dieser Zeit stammt auch die Redewendung «Kaffi, Thee und Leckerli bringed de Bur ums Äckerli». Vor diesem Hintergrund wuchs die Nachfrage nach günstigeren Alternativen – und verschiedene Unternehmen kamen diesem Bedürfnis entgegen, indem sie anfingen, passende Kaffeezusatzprodukte herzustellen. So auch die Firma Heinrich Franck und Söhne aus Ludwigsburg (Baden-Württemberg), die das Kaffeeersatzprodukt «Franck Aroma» aus Zichorienwurzeln herstellte. Im Rahmen ihrer Expansionsstrategie eröffnet sie um 1884 auch eine Fabrik in Basel.

Heinrich Franck Söhne waren jedoch nicht die einzigen Produzent:innen, die den Schweizer Markt mit Kaffeesurrogaten versorgten. Zwischen dem Ende des 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts schossen im ganzen Land ähnliche Fabriken wie Pilze aus dem Boden. Entsprechend kam es in den Folgejahren auch immer wieder zu Fusionen. So entstand 1930 das Unternehmen Thomi + Franck. Durch Thomis langjährige Erfahrung in der industriellen Herstellung von Senf wurde mit der Fusion auch das Produktsortiment erweitert. Bereits 1934 landeten sie einen grossen Erfolg mit der Einführung der Thomy-Senfmarke. Besonders war nicht nur der Inhalt, sondern auch die Verpackung: Zum ersten Mal wurde Senf in einer wiederverschliessbaren Aluminiumtube auf den Markt gebracht.

1971 ging ein Teil des Unternehmens an Nestlé über. Aufgrund fehlender Nachfolge trat die Familie Thomi 1989 von der Geschäftsführung zurück und überließ auch die restlichen 49 % an Nestlé. Im Mai 2019 gab Nestlé Schweiz bekannt, dass am Standort Basel künftig nur noch Senf und Mayonnaise hergestellt werden sollen. Im Rahmen dieser Neupositionierung wurden alle anderen bis dahin in Basel produzierten Marken entweder ins Ausland verlagert oder verkauft. So ging die Marke «Franck Aroma» 2019 in den Besitz der im Berner Mittelland ansässigen Firma Berger AG über.

Im Dezember 2022 verkaufte Nestlé Schweiz den brachliegenden Teil des Areals an die KultQuartier Immobilien AG. Für die Arealentwicklung zeichnet die Wegwarte AG verantwortlich. Damit wurde der Grundstein für die Verwirklichung des Franck Areals gelegt. Wo einst Zichorie gelagert, geröstet, gemahlen und verpackt wurde, entsteht nun ein spannender Ort für Tanz, Quartier, Kreislaufwirtschaft und Wohnen mitten in Kleinbasel.

AREAL